Inhalte der Stimmarbeit in der Tradition des

Roy Hart Voice Centre

 

Die Entfaltung der eigenen Stimme ist das zentrale Thema dieser Arbeit.

Jeder Mensch trägt diese ganz eigene Stimme in sich: eine Vielzahl verschiederner Facetten und Stimmqualitäten, die es zu entdecken gilt. Hierfür gibt es kein vorgegebenes Stimmideal, sondern hoch, tief, rein, rauh, knurrend, kreischend, hauchend, seidenweich etc. stehen gleichberechtigt nebeneinander. 

Es ist eine Entdeckungsreise zu sich selbst, eine klingende Art der Persönlichkeitsentwicklung. Geliebte und ungeliebte, offensichtliche und verborgene Anteile unseres Seins, unseres Seelenlebens können entdeckt, entfaltet und in unsere Persönlichkeit integriert werden. Dieser Teil der Arbeit kann eine heilsame, therapeutische Wirkung haben, ohne dass diese explizit im Focus steht.

Diese Stimmarbeit ist körperorientiert: wie ein Instrument, möchte unser Körper als unser Körperinstrument gestimmt werden. Mit verschiedenen Atem- Körper- und Stimmübungen werden u.a. die Beweglichkeit, Durchlässigkeit und die Balance zwischen An- und Entspannung gefördert. (Elemente aus z.B. Yoga, Taichi, Tanz oder Faszienarbeit können hier zum Einsatz kommen). Durch diese Beweglichkeit und deren ganz eigene Intelligenz kommen die überraschendsten Klänge und Facetten unseres Seins zu Tage.

Die Stimmarbeit ist gleichzeitig eine Hörschulung. Nicht nur die Tonhöhen sondern auch die Klangqualitäten werden erforscht. Sich selbst und Andere neu hören zu lernen, führt dazu, immer besser zu verstehen, was hinter dem eigentlichen Ton mitschwingt. Die ganz persönliche, authentische Stimme kann gleichzeitig gehört und mitgefühlt werden: Wir gehen in Resonanz.

Assoziationen, Bilder oder Lieder helfen, dass diese verschiedenen Stimmungen und Gefühle erlebbar werden. Intuition und Intensität führen zu Authenzität im Ausdruck.

Durch diese Erfahrungen können z.B. professionelle Sänger:innen/ Performer:innen ihrem künstlerischen Ausdruck mehr Tiefe verleihen. Doch auch Laien und Amateur:innen erleben den reichen, authentischen Ausdruck ihrer Stimme als zutiefst befriedigend und beglückend.

Der Ursprung der Stimmarbeit in der Tradition des Roy Hart Voice Centre

 

Alfred Wolfsohn, geb. 1896 in Berlin:

Als junger Soldat, im ersten Weltkrieg traumatisiert, heilt er sich nach verschiedenen erfolglosen Therapien selbst durch die intensive Beschäftigung mit der eigenen Stimme.

Das Zulassen und Erforschen auch der verstörendsten Klänge, z.B. die der Verzweiflung und Todesangst, die er von seinen Erlebnissen aus dem Krieg noch immer im Ohr hat, führen ihn auf den Weg der Heilung. Die Verbindung von Stimmklang und Seelenwelt ist dann auch das zentrale Thema in seinem Wirken als Stimmlehrer. Als Jude, von den Nazis verfolgt, emigriert er 1939 nach London. Dort gründet er nach dem 2. Weltkrieg das „Alfred Wolfsohn Voice Research Centre“. Interessierte Laien, Autor:innen, Schauspier:innen oder Wissenschaftler:innen nehmen am Unterricht teil.

Einer von ihnen, der Schauspieler Roy Hart (geb. 1928 in Südafrika) leitet ab 1962 nach dem Tod Alfred Wolfsohns die entstandene Gruppe. Er setzt die Stimmarbeit mit einem erweiterten Focus auf die künstlerische Arbeit fort: 1969 wird das Roy Hart Theater gegründet.

Mit dem Wunsch „Leben und Theater“ noch enger miteinander zu verbinden, zieht das 40- köpfige Ensemble nach Malérargues in Südfrankreich. Nur ein Jahr später stirbt Roy Hart bei einem Autounfall. Doch die Gruppe führt die Arbeit weiter und noch heute gibt es dort vor Ort und an den verschiedensten Orten der Welt Workshops und Performances.

Weitere Infos unter: Roy Hart Voice Centre, Frankreich